Mittwoch, Juni 28, 2006

Tatort: „Frauenmorde“ (HR 2003) - Teil: I

Ingeborg Karp wird zunächst von ihrer Familie vermisst, dann wird ein weiblicher Torso gefunden, der schnell als Ingeborg identifiziert wird. BKA und FBI schalten sich in den Fall ein. Offenbar handelt es sich um die Tat eines international gesuchten Serienmörders. Dem Thema Serienmord entsprechend enthält dieser Tatort einen auffälligen dramaturgischen Bogen, der sich sehr weit erstreckt und Neugier mit Spannung kombiniert: Mit der Einblendung des Displays einer Videokamera wird die Anwesenheit eines heimlichen Beobachters suggeriert. Dazu kommen die Szenen, in denen der Geländewagen auftaucht, der offensichtlich dem Unbekannten gehört. Dieser Bogen erzeugt Spannung aus einer sichtbaren, aber unbekannten und von der Polizei unbemerkten Bedrohung. Ein solcher dramaturgischer Bogen wird vielfach Thrillern verwendet, um Angst zu erzeugen.

Wie sich schließlich herausstellt, handelt es sich bei dem heimlichen Videofilmer tatsächlich um den Serienmörder, der als Steward die ganze Welt bereiste und in verschiedenen Ländern in Flughafennähe Frauen nach dem selben Muster umbrachte. Durch die fortwährenden Bilder der Videokamera und des Geländewagens ist dieser Mann der Hauptbezugspunkt aller Verdächtigungen und Mutmaßungen seiner Identität. Ist er einer der Ehemänner der Ermordeten: Karp und Richter, oder der offensichtlich geistesgestörte Mann, der Sänger die Handtasche klaut und so den Schauplatz Frankfurt am Main als verkommenes Pflaster hinstellt? Der Handtaschendiebstahl steht allerdings in keinerlei Bezug zu den Mordfällen. Der Bezug, der hier gewiss hergestellt werden kann, ist eine Finte. Dieser Handlungsstrang verliert sich in der Geschichte: die Tasche wird nicht wiedergefunden. Und auch die Ehemänner scheiden aus: Richter hat ein schnell geprüftes sicheres Alibi und Karp kann selbst nicht der Serienmörder sein, weil er vom Unbekannten gefilmt wird.

Der Täter nahm über einen Internet-Chat Kontakt zu seinen Opfern Ingeborg Karp und Kati Richter auf. Er verabredet sich mit ihnen in einem anonym organisierten Motel zu Blind Dates mit sadomasochistischen Sexspielen. Sowohl Kati als auch Ingeborg hatten offensichtlich schon vorher Bezug zu dieser Form der Sexualität, wie die in ihren Häusern gefundenen Requisiten zeigen. Man nutzt die Anonymität des Internets und des Motels. Die anonyme Atmosphäre erst ermöglicht die sexuell motivierten Blind Dates und macht es dem Serientäter einfach, unerkannt zu morden. Dellwo nennt das Motel: „de[n] perfekten Ort für den perfekten Mord“. Die große Gefahr darin wird u.a. dadurch demonstriert, wie sich Karps Tochter Greta locker im betreffenden Internet-Chat bewegt.

(Fortsetzung folgt)

Weitere Blogbeiträge, welche das Thema Sadomasochismus aus anderen Perspektiven beleuchten:
>> Dave Gordan über Sado-Maso-Schrott
>> JPhoenix über den entsprechenden Stupidedia-Artikel

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