Vor nur vier Jahren war sie bereits angekündigt: die Rezension von Die kreative Matrix des britischen Autors Philip Parker. Das Buch richtet sich an alle, die mit Drehbüchern zu tun haben, vornehmlich an Autoren.
Parker entwirft besagte Matrix, um kreative Prozesse einer Filmerzählung strukturiert und in ihren Abhängigkeiten zu erläutern. Sie besteht aus den in Paaren gruppierten Elementen Geschichte und Thema, Form und Handlungsführung sowie Genre und Stil. Die Ordnung könnte sehr wohl auch eine andere sein, dennoch gelingt es Parker, eine eigene Nische zwischen anderen Drehbuchratgebern zu besetzen und Aspekte anzusprechen, die andernorts nicht vorkommen (etwa bei Linda Seger, Eugene Vale und schon gar nicht bei Syd Field). Parker wird seinem Anspruch gerecht, diese Aspekte nicht vereinzelt herauszugreifen, sondern in ihrer Abhängigkeit darzustellen, wenngleich er dabei auch Themensprünge macht und verständlicherweise auf 318 Seiten nicht alles im gebührenden Umfang behandeln kann. Als einer der wenigen geht er speziell auf Genres ein, kann aber auch dieses Thema nicht ausführlich behandeln. Der Ton des Buches ähnelt dabei schon sehr Parkers Kollegen.
Schnell zeigt sich, dass die - von Parker belächelten - Absolventen der Literaturwissenschaften ein theoretisches Basiswissen mitbringen, das handwerklich richtig angewendet jeden einzelnen Drehbuchratgeber in den Schatten stellt. Die Unterscheidung zwischen Geschichte und Erzählung (als perspektivische und nicht-chronologische Aufbereitung der Geschichte), die Parker nahezu bahnbrechend feststellt, ist eine Grunderkenntnis der Narratologie und lässt sich bei Gérard Genette umfassend nachlesen.
Leider sieht Parker davon ab, Ergebnisse der narratologischen Forschung zu verwenden. Stattdessen definiert er gern selbst, bleibt dabei jedoch vielfach nebulös. Erläuterungen wie die unterschiedlicher Arten von Zeit: "3. Gefühlte Zeit. - Dies ist die Zeit, die durch die Länge oder den Winkel einer Einstellung und/oder die Aneinanderreihung von Einstellungen zum Ausdruck gebracht wird" (S. 50) erschließen sich nur schwer. Sehr fraglich ist beispielsweise auch die Trennung von Thema und Geschichte, wie Parker sie vornimmt. Danach basieren Filme entweder auf dem einen oder dem anderen. Zuweilen drängt sich der Eindruck auf, Parker schriebe diese Definitionen aus dem Stehgreif, statt sich auf bestehende wissenschaftliche Diskurse zu beziehen.
Der praxisnahe Ansatz der Kreativen Matrix wird nur stellenweise durch den leicht sprungahften Aufbau der Argumentation und teilweise sehr lange Checklisten getrübt. Herausragend wird die Nähe zu Praxis, als Parker zum Ende handwerkliche Details erklärt, die bei anderen Drehbuchratgebern fehlen. Man erfährt notwendige Formalien der Drehbücher, die auf einen Blick den Amateur vom Profi unterscheiden. Eine nützliche Handreichung ist auch das Schema der schrittweisen Überarbeitung, das vorbeugt sich zu verzetteln, wenn man alle Aspekte gleichzeitig oder ungeordnet in der Überarbeitung vermischt.
Insgesamt ist Die Kreative Matrix eine interessante Ergänzung zu den bisherigen Drehbuchratgebern insbesondere in den Punkten Überarbeitung und Vermarktung sowie dem Zusammenspiel der Aspekte. Der Praxisbezug ist groß. Ein Studium der Sprach-, Literatur und Medienwissenschaften ersetzt es natürlich nicht. Vor dem Hintergrund, dass ein solches Studium den unabhängigen Umgang mit Film und Drehbüchern ermöglicht, ist Parkers Kritik an Fernsehdramaturgen mit Cambridge Abschluss in Literaturwissenschaften deplatziert - vorausgesetzt die Absolventen haben einen Zugang zum Medium Film.
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