"Der See der Träume" (ARD 04.08.06, inszeniert von Wolf Gremm) erfordert, wie schon die TV-Movie festgestellt hat, eine hohe Kitschtoleranz: wer gegen Weichzeichnereffekte in der Überblendung oder warme Abendsonne allergisch ist, sollte doch lieber den Kanal wechseln.
Ansonsten handelt es sich um brauchbare Unterhaltung nach bewährtem Schema. Obwohl etwa die Szene fehlt, in welcher der reumütige Ehemann mit seinem schnittigen Mercedes Kabriolett den Weg nach Merseburg antritt, um seine verlassene Frau von ihrer gebeutelten Jugendliebe loszueisen, erwartet man doch seine Ankunft auf die Minute. Und spätestens als er seinen Krankenhausekel offenbart, lautet die dramaturgische Diagnose, dass die kleine Emelie überleben und ein wackeres Mädel sein wird.
A propos Merseburg (eine schöne Stadt und weiß Gott eine Reise wert): die Stadt ist tatsächlich in einer einzigen Einstellung (ca. 3 Sekunden) zu erkennen. Der Rest ist nur für den Insider verortbar, für alle anderen könnte es sowohl in der Umgebung von Merseburg, als auch in Mecklenburg oder gar in der Altmark oder sonstwo sein. Der Marktplatz, an dem die Aussprache der Zerrütteten stattfindet, ist jedenfalls nicht in Merseburg, sondern wie der Rest auch am See der Träume ... dort wo der ewige Frühling herrscht, der so lange währt, wie eine junge Frau jenseits der 40 trächtig ist, so lange wie eine Dramenschnulze der Degeto läuft, so lange wie moderne Paare mit der Selbstfindung beschäftigt sind. Und wenn sie nicht gestorben sind ... denn wenn sie sterben hat's gleich neuen Stoff für den nächsten Traum, den nächsten Freitag.
(Foto: Merseburg im Winter)
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