Freitag, März 08, 2013

Spare in der Zeit, dann hast du in der Not ... wirst du in der Not haben

Eine interessante Studie hat unlängst einen Zusammenhang festgestellt zwischen dem Sparverhalten von Menschen und deren Muttersprache (die Zeit berichtete). Die Forscher berichten, dass in den Regionen eine kulturelle Tendenz besteht, mehr zu sparen, wo Sprachen gesprochen werden, die den Gebrauch von Gegenwartsformen (Präsens) zulassen, um Zukünftiges auszudrücken (wie Deutsch). In Sprachen, die immer Futurformen erfordern, um Zukünftiges auszudrücken (wie alle romanischen Sprachen oder Griechisch), wird statistisch weniger gespart. Besonders auffällig ist dies in Staaten wie Belgien mit Flämisch (und hoher Sparquote) und Französisch (geringe Sparquote). Die Wissenschaftler erklären dies damit, dass den Sprechern, die Präsens für Futur nutzen können, die Zukunft näher beziehungsweise präsenter ist.

Dies ist ein beeindruckendes Beispiel für einen gelungenen Transfer zwischen zwei Wissenschaften, die grundsätzlich wenig Berührungspunkte haben: Linguistik und Volkswirtschaftslehre. Die Erklärung könnte allerdings noch weiter gehen mit der Frage, was zuerst da war. Sprache befindet sich in einem stetigen Wandel. So bleibt zu prüfen, seit wann die deutsche und andere nordische Sprachen den Gebrauch von Präsens für Futur zulassen.

Kulturwissenschaftliche und volkskundliche Studien gehen schon seit längerem davon aus, dass die Kulturen eher sparen und umsichtiger wirtschaften, deren Existenz traditionell von dieser Fähigkeit abhängt; das sind die Volksgruppen, die dort leben, wo man vorsorgen muss, um einen harten Winter zu überleben. In den Regionen rund ums Mittelmeer ist das Klima so mild, dass diese Sorge kaum besteht. Es ist anzunehmen, dass die geographische Notwendigkeit die Kulturen und damit natürlich auch ihre Sprache derart geprägt hat, dass die Zukunft näher ist und deshalb auch durch Präsensformen ausgedrückt werden kann.

(N.B. Wenn jemand einen Link als Referenz/Beleg für letztere Theorie hat, bitte ich um Nachricht, werde auf die Schnelle selbst nicht fündig...)