Donnerstag, Januar 31, 2013

Social Community Day #scd3

Bereits zum dritten Mal veranstaltete das Grimme Institut am 30. Januar 2013 im Mediapark Köln den Social Community Day. In Panels und Workshops diskutierten Experten und Anwender die aktuellen Möglichkeiten und kritische Aspekte der Social Media – allem voran des größten Social Networks Facebook.

Hauptredner Markus Beckedahl, Betreiber von netzpolitik.de und Mit-Organisator der re:publica, wies auf die Problematik allzu umfangreicher Datenschutzbestimmungen und AGBs bei Facebook hin, die nur ganz wenige Nutzerinnen und Nutzer jemals ganz gelesen haben und die zudem regelmäßig erneuert werden. Schwache Datenschutz- und Urhebergesetze in den USA und Irland, wo Facebook seine Europazentrale unterhält, ermöglichen dem Unternehmen die Verwendung aller Nutzerdaten zu beliebigen Zwecken. Derzeit befindet sich das europäische Parlament im Prozess einer Entscheidung über eine EU-einheitliche Datenschutzgesetzgebung. Facebook und andere Konzerne betreiben bereits aktive Lobbyarbeit gegen eine restriktive Politik, die in ihre Geschäftsmodelle interferieren könnte. Beckedahl betonte die historische Chance für Deutschland, in diesem Prozess ein starkes Datenschutzgesetz durchzusetzen, das die Privatsphäre der Nutzer schützt und vor allem für mehr Transparenz sorgen könnte.

Die Panel-Diskussion „von Machern und Mahnern“ äußerte vor allem Vorbehalte gegenüber der Erstellung von Nutzerprofilen durch die Betreiber sozialer Netzwerke. Der Prozess erweist sich vor allem als zu intransparent: Niemand hat Einblick, welche Daten tatsächlich erfasst und in welcher Form sie weiterverarbeitet werden. Außerdem ist für viele Nutzerinnen und Nutzer kaum erkennbar, wie man dies verhindert. Die Nutzung bleibt also mit Risiken verbunden. Ein grandioser Vergleich gelang Social Media Berater Frank Tentler: „Facebook ist eine Butterfahrt außerhalb der 12 Meilen Zone“. Facebook ist fern von rechtlicher Gängelei (und rechtlichem Schutz), macht aber Spaß. Am Rande wurde das unterschiedliche Empfinden von Privatsphäre angesprochen: verdeutlicht durch das „deutsche Paradox“ von Jeff Jarvis, Blogger und „Vieloffenbarer“, der von der Nacktheit in deutschen Saunen peinlich berührt ist, jedoch generell viele Details seines Lebens offen mitteilt, was wiederum viele Deutsche – sie machen ihre Häuser online unkenntlich – befremden dürfte.

In der zweiten Paneldiskussion „zwischen Selbstbestimmung und Selbstvermessung“ wurde der Hype um Online-Netze relativiert. Mit Themen, die nicht interessieren, wird auch in sozialen Netzwerken keine politische Diskussion entstehen. Die Kommunikationsmöglichkeiten an sich machen Menschen nicht politischer; die „schweigende Mehrheit“ ist auch online sehr groß. Dennoch gelingt zuweilen ein Agendasetting, wie kürzlich bei der Aktion #aufschrei geschehen, an der Massen von Menschen über sexuelle Belästigung diskutierten. Dies begann auf Twitter. Die Beteiligten bewerten Twitter grundsätzlich als politischeren Kanal als etwa Facebook. Die Kommunikation ist öffentlicher und mit weniger Einstiegsaufwand verbunden (etwa muss man nicht „Fan“ von einer Sache werden, um über sie zu diskutieren).

Die Workshops stellten Entwicklungen von Location Based Services und von online geführten politischen Diskussion vor. Durch die massenhafte Verbreitung von Smartphones mit integriertem GPS-Empfänger wird sich die Nutzung ortsbezogener Informationen immer stärker durchsetzen. Der Service mit den umfassendsten Nutzungsmöglichkeiten ist nach wie vor Foursquare. Neuere Nutzungsmöglichkeiten der Location Based Services betreffen „Collaborative Consumtion“. Angebote wie Couch Surfing (unentgeltliche Übernachtungen als Gast in Privatwohnungen, wenn im Gegenzug Gäste aufgenommen werden) oder Car Sharing werden durch mobile Technik und social networking vereinfacht und vergrößern dadurch ihre Nutzerkreise. Auch für aktive Demokratie ist die neue Technik einsetzbar und schafft neue Möglichkeiten. Etwa wäre ein mobil ortsbasiertes Einsammeln von Ideen möglich – per Smartphone-App unter der Frage „Was könnte die Kommune hier besser machen?“.

>> Workshops:
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social-community-day.de/...mitmachen-gefragt
>> #scd3