Mittwoch, Oktober 13, 2010

Freud'sche Stilfrage

Sigmund Freud


Der launige Stil-Test der Frankfurter Allgemeinen hat für jeden Text ein anderes erfolgreiches Vorbild auf Lager; das oben stehende war doch einigermaßen überraschend (Probetext war die De Bono-Rezension). Nun denn, eine Umbenennung in "dramaturgische Couch" wird erwogen. (Und nur keinen ***-Neid!)

>> Via: Die Rückseite der Reeperbahn

Sonntag, Oktober 10, 2010

Kreativ: De Bonos neue Denkschule

Kritisches Denken ist der Standard in der westlichen Kultur. Man hält es nicht nur für ausreichend, sondern für überlegen. Insbesondere sind es intelligente, gebildete Menschen, die dem Irrglauben erliegen, ihre gelehrte Meinung sei allein ausreichend und erübrige weiteres Denken. Doch das ist weder kreativ noch effektiv. So werden bekannte Lösungen – auch schlechte – zementiert und schnelle Ideen den guten Ideen vorgezogen. Häufig setzen sich die Menschen durch, die versiert gegen neue Ideen argumentieren können, indem sie einen kleinen Makel herausstellen. Diese Idee wird dann unter großem Triumph eingemottet, statt sie weiterzuentwickeln. Damit räumt Edward de Bono auf – der Denkforscher und -praktiker mit der weltweit größten Anerkennung.

De Bono stellt in kurzen Kapiteln zahlreiche Methoden vor, die Denken systematisieren, Sackgassen aufzeigen und umgehen helfen und so zu einem kreativeren und vor allem produktiveren Denken führen. Die Methoden unterstützen unterschiedliche Stufen des Denkprozesses. Sie helfen, Alternativen zu finden, zu beurteilen und die Ideen anderer besser zu verstehen, ohne darüber zu früh zu urteilen.Verfrühte Urteile behindern das Denken. Etwa nutzt de Bono vermeintlich unbrauchbare Ideen als Hilfsmittel, weiter zu denken und neue Richtungen zu finden, anstatt sein Ego zeitaufwendig mit dem Nachweis zu aufzublasen, dass diese oder jene Idee schlecht ist. Wichtig ist dafür eine bewusste Wahrnehmung. Da Wahrnehmung auf Muster zurückgreift ist es notwendig, diese Muster zu erkennen, um neue Richtungen einzuschlagen. De Bono prägte dafür den Begriff laterales Denken: eine Denkform die nicht wertend und hochflexibel ist.

Bei de Bono ist der Leser gefordert durchgehend mitzudenken, um die Ausführungen zu verstehen und vor allem auszuprobieren. Der sehr flüssige und unprätentiöse Text erleichtert dies. Hinderlich sind die vielen Abkürzungen, die de Bono für seine Methoden verwendet – allerdings argumentiert er selbst für deren Nutzen gegenüber selbsterklärenden sprachlich schönen Ausdrücken. Einige der Übungen sind zudem nur schwer nachzuvollziehen, weil eine Erklärung fehlt, wie man es richtig macht. Wer die „neue Denkschule“ allerdings mit wachem Geist durchgeht, wird immer wieder die Erfahrung machen, wie stark er oder sie selbst dem urteilenden Denken verhaftet ist und wie bequem es doch ist, eine vorgefasste Meinung als Lösung zu akzeptieren, statt nach neuen Ideen zu suchen. Die Übungen zeigen: Es kostet Überwindung, ohne die fast immer vorhandene eigene Meinung zu denken. Diszipliniertes Training und formelles Arbeiten ist unerlässlich, um de Bonos Methoden zu erlernen. Dass de Bono Denken auf kurze hochkonzentrierte Phasen beschränkt, ist dabei eine positive Erleichterung.

Für die kreative Arbeit mit Sprache oder Filmdramaturgie sind de Bonos Methoden gut einsetzbar – auch einzeln. Auch wenn der explizite Bezug nicht hergestellt wird, werden Lesern mit dramaturgischem Blick viele Feststellungen (etwa zur Wahrnehmung) bekannt vorkommen. Ein praktischer Nutzen lässt sich leicht herstellen. De Bono erklärt das Denken und Handeln unterschiedlicher Personen (innerhalb ihrer „logischen Blase“), wie es auch in der Figurengestaltung einsetzbar ist. Und er gibt Hinweise, wie man aus unproduktiven Denkrichtungen wieder zum kreativen Weg zurückfindet. Allein wenn eine der Methoden haften bleibt und bei der Arbeit hilft, hat sich dieses schmale Buch schon seine Empfehlung verdient.