Montag, Februar 23, 2009

Die Verfilmung von Schlinks "Vorleser"

Der fünfzehnjährige Michael lernt zufällig die zwanzig Jahre ältere Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz kennen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine leidenschaftliche Affäre aus Sex und Literatur. Doch dann wendet sich die Geschichte.

Um nicht der weit verbreiteten Unsitte zu verfallen, bei der Behandlung des Vorlesers die Geschichte als Schulstoff vorauszusetzen und ungeniert alle Wendungen vorweg zu nehmen, die sowohl das Buch als auch den Film so wertvoll machen, hier nur einige Anmerkungen, die für den Kenner verständlich, allen jungfräulichen Zuschauern aber nicht abträglich sein dürften:
  • Der Film ist sehenswert, egal ob das Buch vorher gelesen wurde oder nicht.
  • Die Romanvorlage wurde sehr gut umgesetzt. Alle Umgestaltungen sind dramaturgisch absolut begründet und sinnvoll. Der Film holt eine Menge aus dem Buch heraus. Insbesondere entfaltet sich auch im Film Schlinks Kunst, eine Figur umfassend büßen zu lassen, ohne damit irgend etwas zu entschuldigen oder andere zu entlasten.
  • Es ist unglaublich, was heutzutage mit geschicktem Casting und Make-up möglich ist, um mehrere Jahrzehnte in zwei Stunden zu erzählen.
  • Kate Winslet, mit härteren Zügen als gewohnt, hat sich den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle durchaus verdient.
  • Einige Änderungen, um die es schade ist: Die Szene von Michaels Notiz im Hotel, als er nur kurz verschwindet, fehlt. Von seinem Vater Professor Berg bleibt - offensichtlich aus Zeitmangel - nicht mehr der eigentlich doch sympathische Mann übrig, der nur nicht aus seiner akademischen Haut herauskann, sondern nur ein kurz angebundener strenger Vater.
  • Obwohl strömender Regen eine tolle Atmosphäre schafft, wäre es wesentlich klüger von Michael gewesen, einfach frei von der Leber (warum hat man ihm Scharlach angedichtet, statt Gelbsucht?) in die frischen Sturzbäche des Rinnsteins zu brechen. Doch dann hätte sich die Geschichte nicht ergeben. Eine Anfangsszene ohne Regen wäre logischer gewesen.